Naturheilkunde - Begriffserklärung im Lexikon
Naturheilkunde: Ein Vorläufer der heutigen Medizin
Mit «Naturheilkunde» bezeichnet man in erster Linie die klassische Naturheilkunde. Sie umfasst die drei grundlegenden Begriffe «Natur», «Heilen» und «Kunde» - im Sinne von «kundig sein». Dies wiederum bedeutet, sich kundig zu machen, über welche Wege die Natur heilen kann. Sie stützt sich dabei auf die fünf Säulen Licht, Luft, Wasser, Ernährung und Bewegung. Zusätzlich wird auch auf den Einsatz von Heilpflanzen, Mineralen und Heilwässern zurückgegriffen.
Die klassische Naturheilkunde, wie man sie seit dem 19. Jahrhundert versteht, geht davon aus, dass der Mensch als Bestandteil allen Lebens nur aus der Natur seine eigenen Selbstheilungskräfte beziehen kann. So sind die fünf Säulen der Naturheilkunde nicht nur die Grundlage einer naturgemäßen Lebensführung, sondern auch die Basis einer umfassenden ganzheitlichen Behandlung.
Klassische Naturheilverfahren:
Die klassischen Naturheilverfahren bezeichnen die sogenannten "Fünf Säulen", die auf den Lehren von Pfarrer Kneipp (1821 - 1897) beruhen. Durch Kombination der fünf Verfahren entwickelte er bereits im 19. Jahrhundert erste ganzheitliche Therapiekonzepte.
- Hydro- und Thermotherapie:
Waschungen, Güsse, Wickel, Packungen, Sauna, Dampfbäder und Überwärmungsbäder. - Ernährungstherapie:
Vitalstoffreiche Vollwerternährung und Heilfasten. - Bewegungstherapie:
Sport, Gymnastik, Bewegung, Massagen und Physiotherapie. - Phytotherapie:
Tradtionelle und moderne Pflanzenheilkunde - Ordnungstherapie:
ausgewogene Lebensführung, Psychotherapie
Erweiterte Naturheilverfahren:
Als erweiterte Verfahren werden im weitesten Sinne jene Heilweisen bezeichnet, die in Nachahmung natürlicher Abläufe Heilungsprozesse einleiten.
Dazu zählen:
- Ab- und Ausleitungsverfahren
- Neuraltherapie
- Eigenblut- und Eigenharnbehandlung
- klassische Homöopathie
- Komplexhomöopathie
- Biochemie nach Dr. Schüßler
- Spagirik
- Sauerstofftherapie
- Elektroakupunktur
- Ayurvedische Medizin
- Anthroposophische Medizin
- Traditionelle Chinesische Medizin
Geschichte der Naturheilkunde
Die Naturheilkunde geht vor allem zurück auf die Heilverfahren der Griechen und Römer der Antike. Als Ursache von Krankheiten wurde zu dieser Zeit eine fehlerhafte Zusammensetzung der vier Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe Galle, schwarze Galle) vermutet. Diese Theorie der "Säftelehre" wurde erstmal von Hippokrates um das Jahr 400 v. Chr. formuliert. Er sah den Arzt auch nur als den Behandler eines Patienten, während der Gesundungsprozess ausschliesslich durch die Natur bewirkt würde: "Medicus curat, natura sanat".
Doch auch die Heilkunde der Inder und Ägypter und vieler vor-antiker Hochkulturen hatte Auswirkungen auf ihre Entstehung. Einflüsse aus der Tradítionellen Chinesischen Medizin (TCM), der Ayurvedischen Medizin oder der Tibetischen Medizin haben sich bis heute in der klassischen Naturheilkunde gehalten.
Im Mittelalter war die Heilkunde dazu stark von der Klostermedizin und den Methoden der Hildegard von Bingen geprägt.
Der Begriff der Naturheilkunde, wie wir ihn heute kennen, entstand schliesslich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zu den Begründern der klassischen Naturheilkunde zählen vor allem Arnold Rikli (1823 bis 1906) mit seiner Licht-, Luft- und Sonnenbehandlung, Vincenz Prießnitz (1799 bis 1851), der mit seinen Wasserkuren und Luftbädern die Hydrotherapie populär machte und schließlich Johann Schroth (1798 bis 1856) mit seiner berühmten Schrothkur.
Hippokrates von Kos
Hildegard von Bingen
Sebastian Kneipp
Weiterführende Beiträge
- Das Leben der Volksheiligen - Hildegard von Bingen
Die Äbtissin Hildegard von Bingen beschrieb im 12. Jahrhundert ihre Kenntnisse aus dem Bereich der Medizin, Gesundheit und Naturwissenschaft. Sie gehörte zu den bedeutendsten Frauengestalten des Mittelalters. Sie kombinierte in ihren Schriften die Lehre aus der Antike mit den Erkenntnissen der Araber, der benediktischen Tradition und der altbewährten Heilkunst des Volkes. - Klosterheilkunde - Die Apotheken der Besitzlosen
Im Mittelalter prägten vor allem Klöster die europäische Medizin. Nonnen und Mönche bauten Heilpflanzen an und verfassten Bücher über die Wirkung der verschiedenen Kräuter. Gleichzeitig gilt die Klostermedizin als Übergang von der Antikenmedizin zur Heilkunde der Neuzeit.