Carl von Linné - Hierarchie der Natur
Carl von Linné zählt zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern aller Zeiten. Sein Bestreben war, die lebendige Welt zu katalogisieren. Er begründete die moderne Klassifikation des Pflanzen-, Tier- und Mineralreiches.
Vor rund 300 Jahren wurde der berühmte Arzt und Naturforscher Carl von Linné (1707 bis 1778) - der bis zur Erhebung in den Adelsstand im Jahr 1762 Carolus Linnaeus hiess - in Råshult, in der Gemeinde Stenbrohult der südschwedischen Provinz Småland geboren. Der Begründer der modernen Klassifikation des Pflanzen-, Tier- und Mineralreiches ist an vielen Orten dieser Welt bekannt. Carl von Linné zählt zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern aller Zeiten. Sein Bestreben war, die lebendige Welt zu katalogisieren. Diese grosse Bestandsaufnahme zwang zu einer neuen Form der Benennung eines jeden Lebewesens, um es auf diese Weise unverwechselbar zu machen. So führte er eine noch heutige gültige wissenschaftliche Fachsprache - die «binäre Nomenklatur» - ein, die diese Klassifizierung anhand von zwei Begriffen, dem Gattungs- und dem Artnamen vornimmt.
Linnés Wurzeln
Carl von Linné erblickte am 23. Mai 1707 auf einem malerischen Pfarrhof in dem kleinen Ort Råshult das Licht der Welt. Sein Vater, Nils Ingemarsson Linnaeus, war protestantischer Pfarrer und Gartenliebhaber. Schon sehr früh gelang es ihm, das Interesse seines Sohnes für die Pflanzenwelt zu wecken. Dennoch sollte Carl auf Wunsch der Familie in die Fussstapfen seines Vaters treten. Zum Leidwesen aller Beteiligten konnte er sich jedoch nicht für die theologische Laufbahn begeistern. Der örtliche Arzt und Natur-kundelehrer Johann Rothmann erkannte Linnés naturwissenschaftliche Begabung und stimmte den verärgerten Vater um, sodass sich der junge Carl nach dem Besuch des Gymnasiums im Jahr 1727 für das Medizinstudium an der Universität von Lund einschreiben konnte. Ein Jahr später wechselte er nach Uppsala, wo er von bedeutenden Wissenschaftlern, wie etwa dem Botaniker Rudbeck dem Jüngeren gefördert wurde. Während dieser Zeit erhielt Carl von Linné von Rudbeck einen Lehrauftrag als stellvertretender Dozent am botanischen Garten der Universität angeboten. Schon recht bald entdeckte Linné (Siehe auch: «Den Pflanzennamen auf der Spur») bei seinen Studien, dass sich insbesondere die Sexualorgane der Pflanzen wie auch die Blüten, Blütenblätter, Staubblätter und Stempel als Grundlage für eine Klassifikation eigneten. Er führte daher die Symbole für männlich und weiblich ein. Seinem Forscherdrang ist zu verdanken, dass Pflanzen trotz ihrer oft sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen dennoch ein und derselben Art zugeordnet werden können.
Viele Vorbilder
Durch die zahlreichen naturwissenschaftlichen Entdeckungen hinsichtlich der Pflanzen- und Tierwelt im 17. Jahrhundert war bei vielen Wissenschaftlern der Wunsch entstanden, die Natur zu systematisieren. So nahmen insbesondere der Schweizer Arzt und Botaniker Caspar Bauhin (1560 bis 1624), der englische Gelehrte John Ray (1628 bis 1705) und der französische Wissenschaftler Joseph Pitton de Tournefort (1656 bis 1708) entscheidenden Einfluss auf Linnés spätere Klassifizierung. Während dieser Zeit bemühten sich viele weitere Wissenschaftler um ein allgemein gültiges System, doch die Meinungen wichen oft deutlich voneinander ab. So bezeichneten beispielsweise einige Botaniker die Wildrose als «Rosa silvestris inodora seu canina», andere benannten diese wiederum als «Rosa silvestris alba cum rubore, folio glabro». Ein derartiges System erwies sich als viel zu kompliziert, um damit wissenschaftlich korrekt umgehen zu können. Daher wurde es um so wichtiger, eine brauchbare wissenschaftliche Nomenklatur zu finden.
Flora und Fauna
Linné teilte die Tier- und Pflanzenarten aufgrund von Gemeinsamkeiten in Kategorien ein, die er «Gattungen» nannte. In seiner Terminologie wird so beispielsweise der moderne Mensch als «Homo sapiens» bezeichnet. Der Mensch gehört im «Reich» der Tiere innerhalb der obersten Hierarchie zur «Klasse» der Wirbeltiere, die ihrerseits die «Ordnung» der Primaten einschliesst, in welche sich die «Gattung» Homo einreiht mit der «Art» sapiens. Er vereinfachte die Namensgebung der Flora und Fauna, indem er sich auf nur zwei Namen zur Benennung einer Art beschränkte. Inzwischen hat sich jedoch gezeigt, dass dieses System allein oftmals nicht ganz ausreichend ist, da einige Arten der neueren Entstehungsgeschichte doch erheblich unterschiedliche Merkmale besitzen können. Daher wurden später weitere, neue Zusatzbezeichnungen wie etwa Unterart (ssp.), Variante (var.), und Form (f.) hinzugefügt. Dennoch hat sich Linnés System in seinen Grundzügen bis heute erhalten und seine «binäre Nomenklatur» ist der weltweit akzeptierte Standard in der Naturwissenschaft.
Katalog der Arten
Die bedeutendste Zeit seines Lebens war der Aufenthalt in Holland in den Jahren von 1735 bis 1738. Die Niederlande galten damals als das führende Land in den Naturwissenschaften. Es gelang Linné, sein Studium an der Universität zu Harderwijk mit einem Doktortitel abzuschliessen. Im Anschluss daran ging er für weitere Studien an die Universität nach Leiden. Dort lernte er den Naturforscher und Bürgermeister Johan Frederik Gronovius (1690 bis 1762) kennen. Diese Bekanntschaft hatte weitreichende Folgen. Linné stellte diesem seinen noch recht dünnen Katalog über die Einordnung von Pflanzen in ein biologisches System vor, die Gronovius so begeisterte, dass er noch im gleichen Jahr die erste Auflage von Linnés berühmtem Werk «Systema Naturae» (Siehe auch: «Den Pflanzennamen auf der Spur») finanzierte. Im Verlauf seines weiteren Lebens ergänzte und verbesserte Linné sein Hauptwerk ständig weiter. Zeugnis dieser akribischen Arbeit geben die vielen aufeinander folgenden Ausgaben, die im Linné-Museum in Uppsala zu begutachten sind. Mit der zehnten Auflage der «Systema Naturae» begann im Jahre 1758 das Zeitalter der zoologischen Nomenklatur, in dem er auch die Arten der Tierwelt systematisch nach dem Grad ihrer Verwandtschaft klassifizierte. Neben dem Reich der Pflanzen und Tiere systematisierte Linné auch die Mineralien. Sein Hauptwerk erfuhr insgesamt 13 Auflagen, von denen Linné noch 12 erlebte.
Die Rückkehr
Carl von Linné kehrte im Jahre 1738 nach Schweden zurück und eröffnete aufgrund Geldmangels eine Arztpraxis. Er behandelte damals vor allem die weit verbreitete Syphilis. Daneben hielt er einige Vorlesungen in Stockholm. Gemeinsam mit einigen Gelehrten gründete er 1739 die schwedische Akademie der Wissenschaften. Noch im gleichen Jahr heiratete er Sara Lisa Morea, die Tochter eines Arztes. Im Jahr 1741 bekam er von seiner alten Universität in Uppsala eine Professur angeboten, die er begeistert annahm. Dort betreute er den Botanischen Garten, in dem er die Pflanzen nach seiner Klassifizierungsmethode neu ordnete. Während dieser Zeit arbeitete er neben der Erweiterung der «Systema Naturae» auch an seinem Grundlagenwerk der Botanik «Species plantarum», in dem er bereits konsequent die binäre Nomenklatur anwendete. Darin bildete er die Pflanzenwelt in 24 Klassen ab, geordnet nach Geschlechtsorganen, Verteilung, Zahl und Anordnung der Fruchtblätter und Staubgefässe. Als dieses Werk im Jahr 1753 veröffentlicht wurde, bestand es aus zwei dicken Bänden. Während seiner Lehrtätigkeit an der Universität leitete er mehrere wissenschaftliche Expeditionen und es entstanden über 180 Dissertationen, die eine weitreichende thematische Vielfalt aufwiesen.
Von «hurenhaften» Gewächsen
Einige Wissenschaftler bezeichneten Linnés Vorstellungen hinsichtlich der Systematik der Pflanzen als verwerflich und «hurenhaft», da er diese hauptsächlich aufgrund der Beschaffenheit ihrer Sexualorgane klassifizierte. Die ersten schriftlichen Überlegungen im Bezug auf den Bau der Fortpflanzungsorgane von Gewächsen hielt er im Jahr 1730 in einer kurzen Abhandlung «Praeludia sponsaliorum plantarum» («Hochzeiten der Pflanzen») fest, in dem er folgenden Satz verewigt hat: «Zwanzig Männer und mehr in demselben Bett mit einer Frau». Gemeint hatte er natürlich die grosse Zahl (hier:20) und Anordnung der Staubgefässe gegenüber dem alleine stehenden Griffel einer Blüte. Dies sorgte seinerzeit für grosses Aufsehen. So entrüstete sich vor allem der Arzt und Botaniker Johann Georg Siegesbeck (1686 bis 1755) über eine «derartige verabscheuungswürdige Unzucht im Reich der Pflanzen». Linné revanchierte sich später für diese Kritik, indem er einem recht bedeutungslosen und unscheinbaren Kraut den Namen «Siegesbeckia» verlieh.
Forschungsreisen in die Länder
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich in der damaligen Wissenschaftswelt Linnés Nomenklatur. Es gelang ihm stets, die Studenten in seinen Bann zu ziehen, während er gleichzeitig unermüdlich an neuen Publikationen arbeitete. Mit Hilfe der Studierenden versuchte er sein Vorhaben zu bewerkstelligen, die Natur in ein System zu ordnen. So führten viele Forschungsreisen seine Studenten in aller Herren Länder, um dort Pflanzen zu sammeln, zu beschreiben und nach Hause zu bringen. Sein wohl bekanntester Schüler war Daniel Solander, der als Wissenschaftler an Kapitän Cooks Weltumsegelung teilnahm. Er brachte als Erster australische und südpazifische Pflanzen mit nach Europa. Auch viele andere seiner Schützlinge kamen mit reicher Ausbeute zurück. Leider gab es aber auch einige darunter, die sich mit der Malaria oder der Tuberkulose angesteckt hatten und an deren Folgen verstarben. Mit diesen Forschungsreisen verfolgte Linné unter anderem auch ökonomische Ziele. Er versuchte, ausländische Pflanzen wie etwa Reis, Bananen, Teesträucher und Safran auf schwedischem Boden anzubauen. Die Erfolge fielen jedoch aufgrund des kalten Klimas mehr als bescheiden aus. Carl von Linné (Siehe auch: «Den Pflanzennamen auf der Spur») erhielt im Jahre 1762 für seine Verdienste den Adelstitel. Mit seiner Frau und den vier Kindern lebte er auf einem Landgut nördlich von Uppsala, wo er dort in Ruhe seine wissenschaftlichen Arbeiten verfeinern konnte. Er schuf zudem ein naturhistorisches Museum und legte ein grosses Herbarium an. Im Alter von 71 Jahren starb Linné nach langem Leiden an den Folgen eines Schlaganfalls. Er wurde im Dom von Uppsala beigesetzt. Wenige Jahre später wurde in London die nach ihm benannte Linnaean Society gegründet, die bis heute einen grossen Teil seines Nachlasses verwaltet.
Weiterführende Literatur!
Morgens um sieben öffnet die Ringelblume ihre leuchtenden Blüten und schließt sie pünktlich wieder um eins. Wie die hübsche Heilpflanze haben alle anderen blühenden Pflanzen bestimmte Zeiten, zu denen ihre Blüten auf- und zugehen. Was liegt also näher, als die Zeit mit Hilfe dieses Wissens zu bestimmen? Bis auf fünf Minuten genau konnte der berühmte Naturforscher Carl von Linné (1707 1778) die Uhrzeit erkennen ihm genügte ein Blick aus dem Fenster auf die von ihm entwickelte Blumenuhr im Botanischen Garten von Uppsala. Welche Pflanzen wann ihre Blüten öffnen und schließen, wie man sie erkennt und wo man sie finden kann, erfährt der Leser in diesem hübsch bebilderten Geschenkbüchlein. Natürlich findet sich auch eine Anleitung darin, wie man eine Blumenuhr im eigenen Garten anlegt
Die Blumenuhr
Verlag: Thorbecke
Gebundene Ausgabe: 64 Seiten